Die Welt ist klein - Nach der Veröffentlichung meines Blog über Flugpionier Anton Riediger wurde ich gefragt, ob ich die Absturzstelle der Swissair Maschine von 1934 unweit vom Segelfluggelände Klippeneck, meinem Heimatflugplatz, auch kenne? Oder wisse, was genau da geschehen ist?
(Gefällt mir, dass sich durch meine Blogs eine Communitie aufbaut, welche mir solche, wertvolle, Tipps gibt.)
Erneut war meine Neugier aufs äußerte geweckt. Zumal noch der Hinweis kommt, dass die erste Flugbegleiterin von ganz Europa hier den tot fand. Wie kann es sein, dass ich, als Flieger, davon nichts weiß? Ein Freund hat bei einer Wanderung zwar den Hinweis auf die Absturzstelle gesehen; Gefunden hat er sie nicht.
Seinen Anweisungen bin ich gefolgt. Im Weiler "Rußberg", nahe Tuttlingen, stellte ich den Bus Nahe der Gaststätte "Krone" ab. Von dort folgte ich dem Wegweiser zur Ruine Fürstenberg. Der Weg führt entlang der Hangkante, wo unterhalb die Ortschaften Rietheim und Weilheim sind. Die Ruine gibt es so gut wie nicht mehr. Ein imposantes Kreuz aus Edelstahl, an die sieben Meter hoch, steht hier jetzt.
Die vielen Wanderer die an diesem schönen Herbsttag unterwegs waren, (hab manche gefragt) wussten von dem Flugzeugabsturz nichts. Ok - ist auch schon eine Zeit her. Und das Interesse ist nicht bei allen Leuten gleich.
Doch dann kam er - der Hinweis:
Also nach links abbiegen - an der nächsten Kreuzung - Hmm. Meine "Intuition"😉 sagt mir: geradeaus. Dann die nächste Kreuzung. Jetzt wird es schwierig. Google Earth zeigt jetzt sogar die Gedenkstätte an. Kennt aber den Weg nicht. 50 Meter. Gefunden! Muss sagen, ist sehr, sehr schlecht beschildert. Wer diese Gedenkstätte, wie ich, nicht wirklich finden will, wird sie nie sehen. Schade. Zeigt ihre Geschichte doch welche Tragik sich hier vor vielen Jahren abgespielt hat. Es war der erste tödliche Flugunfall einer Passagiermaschine in Europa. Den Tod fanden alle 12 Insassen. Darunter Europas erste Flugbegleiterin Nelly Hedwig Diener.
Was war geschehen? Der Zufall wollte es, dass ich 2 Wochen zuvor bei einem Ausflug mit unserem Ultraleicht nach Aalen, die neue Halle des fliegenden Museums dort, besuchen konnte. In diesem steht eine Baugleiche Maschine, noch voll Flugtauglich, des gleichen Typs.
Ich war fasziniert. Auch auf den Hinblick dessen, dass es gerade mal 30 Jahre her ist, als die Brüder Wright den ersten Motorflug der Welt machten. Muss sagen, die Curtiss T-32 Condor II ist ein toller Flieger. Ein Doppeldecker ist auch heute noch ein Blickfang bei jeder Flugschau. Diese Maschine war eine Sonderanfertigung für die Swissair. Angetrieben durch zwei hochaufgeladene Wright Cyclone SCR-1820-F3 Motoren mit je 720 PS. Damals schon beachtenswert: Das Fahrwerk ist elektrisch einziehbar.
Gestartet ist die Maschine in Zürich, mit dem Ziel Berlin. Soweit kam sie jedoch nicht. Um 09:50 Uhr gab es über dem Unglücksort einen lauten Knall, bei welchem, in einer Höhe von 2000 Meter über dem Boden, der rechte Motor, sowie die rechte untere Tragfläche abbrachen. Niemand der zwölf Insassen, 1 Pilot, 1 Funker, und die erste Flugbegleiterin - Stewardess - Europas, sowie 9 Passagiere an Bord, überlebte.
Untersuchungen ergaben nur Vermutungen der Materialermüdung in der Motoraufhängung und der Flügelstruktur. Eine genaue Untersuchung des Unfallhergangs erfolgte nicht. Das Gewitter, welche die Maschine gerade durchflogen hatte, wurde dann zur Ursache gemacht.
Erwähnenswert, dass bei diesem Unfall auch Europas erste Flugbegleiterin, Nelly Diener, beim Unglück gerade mal 22 Jahre alt, ihr Leben lassen musste. Sie war bereits in ganz Europa bekannt. Hatte zum Unglückszeitpunkt gerade mal 79 Flüge.
Nelly Diener - man nannte sie schon zu Lebzeiten "Engel der Lüfte" - war eine kesse Dame, welche mehrere Sprachen beherrschte. Sie war sehr Wortgewandt, mit viel Charme und Witz.
Ich nehme mal fest an, dass quasi „fast“ niemand Nelly Diener kennt. Ja, ich auch nicht?! Sie war die erste Lufthostess Europas und flog mit dem weltbekannten Walter Mittelholzer bei der damaligen Swissair (gegründet 1931). Die zwei charismatischen Gründer Walter Mittelholzer und Balz Zimmermann stellten sie, nach amerikanischem Vorbild, als „fliegende Saaltochter“ ein. Nelly flog also ab dem 1. Mai 1934 sechsmal die Woche von Zürich nach Berlin (Stopp in Stuttgart). Wie kommt ein „Maitli“ aus niederem Stand an so einen Job. Tja, sie ging nach Dübendorf, sprach vor und meinte beim 1. Rundflug mit Mittelholzer „ein einfacher Looping würde mir vorerst reichen“. Die Schweizer hatten die Nase im Flugbusiness vorn, so kamen auch viele Medien zum Jungfernflug und ab da wurde viel über den fliegenden Engel berichtet (manchmal sogar zum Leidwesen der männlichen Aviaten). Natürlich nicht nur gutes, eine Frau im Flugzeug, was soll das denn jetzt, das gehört sich doch nicht?
Ihre Aufgabe damals war es, die Fluggäste mit selbst zubereiteten Speisen, welche sie zuvor am Boden zubereitet hatte, und Getränken zu verwöhnen. Die Verpflegung war in den Anfangsjahren der Swissair nicht im Flugpreis enthalten. Für eine Bordküche war im knapp bemessenen Raum in den Pioniertagen der Verkehrsflugzeuge kein Platz. Im Angebot waren Tee, Kaffee, belegte Brote, Suppe und Früchte.
Passagieren, die unter Flugangst litten, redete Nelly Diener beruhigend zu und mit vielen spielte sie Karten, oder es wurde zur Ablenkung von der Flugangst gestrickt, miteinander Lieder gesungen, oder sogar gejodelt.
Die Flugbegleiterinnen der Swissair verrichteten ihre Arbeit anfangs noch ohne Uniform und mussten sich mit einer weißen Schürze begnügen - zeitgenössische Aufnahmen außerhalb des Flugzeugs zeigen Nelly Diener hingegen mehrheitlich mit Fliegerjacke, Hosen und Mütze.
Ich verweilte noch eine Zeit. Schaute zwischen den Bäumen durch in den Himmel. Es war still - sehr still. Denk, so still, als alles vorüber war, an diesem Tag, dem 27. Juli 1934. Übrigens einem Freitag.
Wieder eine schöne Dokumentation von vergessenen Ereignissen in unserer Region. Absolut lesenswert. Toll.
AntwortenLöschenManfred
Beim Flugzeug im Museum in Elchingen handelt es sich nach meiner Kenntnis um eine de Havilland Rapide.
AntwortenLöschenAbsolut Richtig ! - da ist mir ein fataler Fehler unterlaufen. Asche über mein Haupt. Ich habe beim Anblick der Maschine, und der Aufschrift "Swissair" in keinster Weise daran gedacht, dass es sich zwei verschiedene Doppeldecker handelt. Sorry - wird im nächsten Adler berichtigt.
LöschenHallo, ich habe den Bericht auch im Adler gelesen! Der Bericht ist sehr interessant, ABER:
AntwortenLöschenDer Flieger im Museum, der in dem Bericht als baugleiche Maschine beschrieben wird ist eine DeHavilland Dh89 Dragon Rapide und hat mit der damals verunfallten Maschine rein nichts zu tun! Also ich denke wenn schon recherchiert wird, dann bitte auch richtig.
Viele Fliegergrüße
Matthias Hörber
Chefmechaniker beschriebenen Museum
Absolut Richtig ! - da ist mir ein fataler Fehler unterlaufen. Asche über mein Haupt. Ich habe beim Anblick der Maschine, und der Aufschrift "Swissair" in keinster Weise daran gedacht, dass es sich zwei verschiedene Doppeldecker handelt. Sorry - wird im nächsten Adler berichtigt.
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AntwortenLöschenSehr schön recherchiert. Macht mich aber auch immer etwas melancholisch. Ich ertappe mich in viel Empathie gegenüber den beteiligten Personen. Stelle mir vor wie ihr Leben ohne dieses Schicksal verlaufen wäre.
AntwortenLöschenVielen Dank für die Mühe diese Schicksale nicht vergessen zu machen.
Axel
Genau so geht es mir auch immer. Ich stehe davor - und meine Gedanken kreisen, gleich einem Segelflugzeug, um das Gewesene.
AntwortenLöschenHallo Herr Friedrich, danke für den interessanten Artikel. Wie Sie schon bemerkt haben, stimmt das abgebildete Flugzeug, eine De Havilland DH.89 Dragon Rapide, nicht mit der verunglückten Curtiss T-32 C überein. Beide haben übrigens kein einziehbares Fahrwerk. Und noch eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen. Im Text ist als Unglückszeitpunkt 9:50 Uhr genannt, auf dem Gedenkstein steht 16 Uhr.
AntwortenLöschenSchöne Fliegergrüße,
Joachim Amann
Hallo Herr Amann - stimmt - auf der Tafel steht 16 Uhr. Laut Flugbuch ist die Maschine um 09:20 Uhr in Dübendorf gestartet - so dass der Zeitpunkt des Absturzes um 09:50 Uhr gewesen sein wird, was Augenzeugen auch so berichten. Gegen 14 Uhr waren bereits schon Leute von der Swissair vor Ort, wie auch die Schweizer Presse. Nachzulesen im Buch von Pascale Marder, welches 2018 erschienen ist. "bilgerverlag" ISBN 978-3-03762-076-2
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